Am 30. September 2025 hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) eine Entscheidung zur organhaftungsrechtlichen Aufarbeitung des sogenannten „Dieselskandals“ getroffen (Az. II ZR 154/23). Die Entscheidung betrifft die Zustimmung der Hauptversammlung der Volkswagen AG zu einem Haftungsvergleich mit ehemaligen Vorstandsmitgliedern der Volkswagen AG sowie zu einem Deckungsvergleich mit D&O-Versicherern.
Die Volkswagen AG war im Zuge der internen Untersuchungen zum Dieselskandal zu der Einschätzung gelangt, dass zwei ehemalige Vorstandsmitglieder ihre Pflichten im Zusammenhang mit dem Dieselskandal verletzt hätten und daher zum Schadensersatz verpflichtet seien. Im Juni 2021 schloss die Volkswagen AG sogenannte Haftungsvergleiche mit den beiden Vorstandsmitgliedern sowie entsprechende Deckungsvergleiche mit den einschlägigen D&O-Versicherern, die Zahlungen der ehemaligen Vorstandsmitglieder in Höhe von EUR 11,2 Mio. bzw. EUR 4,1 Mio. sowie der D&O-Versicherer in Höhe von rund EUR 270 Mio. vorsahen. Im Gegenzug verpflichtete sich die Volkswagen AG zur Freistellung der ehemaligen Vorstandsmitglieder von etwaigen Drittansprüchen und zur dauerhaften Nichtinanspruchnahme weiterer Organmitglieder.
Ein Verzicht auf bzw. ein Vergleich über etwaige Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihre Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder bedarf gemäß §§ 93 Abs. 4 Satz 3, § 117 Abs. 4 AktG der Zustimmung der Hauptversammlung der Gesellschaft. Vorliegend stimmt die Hauptversammlung der Volkswagen AG den Haftungs- und Deckungsvergleichen im Juni 2022 mit 99 %-Mehrheit zu. Aktionärsschutzvereinigungen widersprachen den Beschlussfassungen jedoch und erhoben Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen gegen die Zustimmungsbeschlüsse. In erster und in zweiter Instanz waren die Klagen jeweils abgewiesen worden. Nunmehr hat darüber der BGH entschieden.
Der BGH hat den Zustimmungsbeschluss der Hauptversammlung zum Deckungsvergleich mit den D&O-Versicherern für nichtig erklärt. Hinsichtlich der weiteren Zustimmungsbeschlüsse zu den Haftungsvergleichen mit ehemaligen Vorstandsmitgliedern hat der BGH das Verfahren an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Der BGH stützt seine Entscheidung auf folgende zentrale Aspekte:
Zunächst ist hier das vollständige Urteil des BGH abzuwarten. Die vollständige Pressemitteilung des BGH findet sich hier auf der Website des Bundesgerichtshofs. Dort wird zu gegebener Zeit auch das vollständige Urteil veröffentlicht.
Schon jetzt ist aber absehbar, dass das Urteil des BGH die Bedeutung unterstreicht, die der akribischen Vorbereitung und Durchführung von Hauptversammlungen zukommt, gerade wenn diese über die Zustimmung zu Verträgen und hier insbesondere Haftungs- und Deckungsvergleiche im Zusammenhang mit Organhaftungsfällen entscheiden soll. An dem Umstand, dass die Klagen in erster und zweiter Instanz abgewiesen wurden, zeigt sich aber auch, dass sich nach wie vor häufig nicht sicher vorhersehen lässt, welche Anforderungen die Gerichte insoweit an die betreffenden Aktiengesellschaften stellen.
Dr. Daniel Walden
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