Wie wir bereits berichteten (zuletzt https://www.advant-beiten.com/aktuelles/entwurf-eines-gesetzes-zur-aenderung-des-energiewirtschaftsrechts-im-bereich-der-endkundenmaerkte-des-netzausbaus-und-der-netzregulierung), beabsichtigt der Gesetzgeber die Einführung des sogenannten Energy Sharings in § 42c EnWG-Entwurf. Mit der Hilfe des Energy Sharings soll es Erzeugern von Erneuerbaren Energien-Anlagen ermöglicht werden, innerhalb eines definierten Gebietes elektrische Energie unter Nutzung des Netzes der öffentlichen Versorgung direkt an einen Verbraucher zu verkaufen.
Vorteil des Energy Sharings ist nach § 42c Abs. 6 EnWG-E für die Betreiber der gemeinsam genutzten Erneuerbare Energien-Anlagen, dass diese keine Vollversorgung der übrigen Letztverbraucher anbieten müssen. Ausdrücklich sieht § 42c Abs. 6 S. 3 EnWG-E vor, dass das Recht des Letztverbrauchers, sich für einen Lieferanten seiner Wahl für den ergänzenden Strombezug zu entscheiden, nicht beschränkt werden darf.
Dies entspricht dem bereits heute geltenden Modell der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung. In bestimmten Sharing-Modellen wird außerdem interessant, dass die Lieferantenpflichten aus §§ 5 und 40 bis 42 EnWG nicht anzuwenden sind (§ 42c Abs. 7 EnWG-E); dies gilt jedoch nur bei der (Mit-)Versorgung von Haushaltskunden und unterhalb festgelegter Anlagenschwellenwerte.
Das Konzept des Energy Sharings ist durch den europäischen Gesetzgeber in der Strombinnenmarktrichtlinie (Richtlinie (EU) 2024/1711) vorgesehen und wird nun durch den nationalen Gesetzgeber umgesetzt.
Der Bundesrat äußerte sich in seiner Stellungnahme vom 26. September 2025 (BT-Drs- 383/25 (Beschluss)) zum aktuellen Reformentwurf des EnWG und insbesondere zu der Einführung des Energy Sharings wie folgt:
Der Bundesrat strebt eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des Energy Sharings an. Der § 42c Abs. 1 Nr. 5 EnWG-E schließt gewerblich oder überwiegend gewerblich tätige Letztverbraucher oder Personen des öffentlichen Rechts aus. Das gilt ebenfalls wenn die vorgenannten Personen als Gesellschafter an einer Betreibergesellschaft beteiligt sind.
Der Bundesrat fordert den Gesetzgeber auf, diesen Anwendungsbereich nicht so stark einzuschränken und vor allem sollen Bürgerenergiegesellschaften nach § 3 Nr. 15 Erneuerbare-Energien-Gesetz explizit eingeschlossen werden.
Er rügt zudem die mangelhafte Bestimmbarkeit des Tatbestandsmerkmals der „überwiegend“ gewerblichen Tätigkeit in § 42c Abs. 1 Nr. 5 EnWG-E.
Nach dem bisherigen Regelungsentwurf ist vorgesehen, dass im Rahmen des Energy Sharings nur die Einbeziehung einer Anlage vorgesehen ist.
Der Bundesrat schlägt vor, dies auf eine oder mehrere Anlagen zu erweitern. So soll ermöglicht werden, dass mehrere Erzeugungsanlagen gebündelt werden. Dies reduziere auf Erzeugerseite den Aufwand und steigert die Attraktivität des Konzepts.
Weitergehend bittet der Bundesrat den Gesetzgeber zu überprüfen, ob die Einbindung von Stromspeichern im Rahmen des Energy Sharing-Konzeptes erleichtert werden kann.
Zur Vereinfachung wird vorgeschlagen, dass die Anrechnung von Strom aus erneuerbaren Energien nicht nur physikalisch, sondern kaufmännisch bilanziell erfolgen sollte. Dies soll ermöglichen, Stromspeicher flexibel im jeweiligen Regelungsgebiet einzusetzen ohne eine direkte Verbindung zur Erzeugungsanlage.
Der Bundesrat fordert zunächst klarstellend, dass der vertragliche Aufwand auf einen einzigen Vertrag, demnach zwischen dem Erzeuger und dem Verbraucher beschränkt sein sollte. Der Gesetzgeber sah bisher neben einem Stromliefervertrag auch einen Vertrag über die gemeinsame Nutzung der Energie vor (§ 42c Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 EnWG-E).
Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Richtlinie zur Verbesserung der Strombinnenmarktrichtlinie (Richtlinie (EU) 2024/1711) die Schaffung einer zentralen Anlaufstelle zur Bereitstellung von Informationen für das Marktkonzept des Energy Sharings vorsehe.
Der Bundesrat schlägt in diesem Zusammenhang vor , diese Aufgabe einer öffentlichen Stelle – etwa der Bundesnetzagentur – zu übertragen. Zudem regt er an, dass dort entsprechende Musterverträge bereitgestellt werden.
Der Bundesrat fordert den Gesetzgeber auf, das Konzept des Energy Sharings auch in seiner Wirtschaftlichkeit zu überprüfen. Das Konzept solle der dezentralen und ortsnahen Stromlieferung aus erneuerbaren Energien dienen. Es sollte deshalb eine Reduzierung der Netzentgelte und Umlagen erwogen werden, wodurch Investitionsanreize gesetzt und die Akzeptanz der dezentralen Energieversorgung gesteigert wird. Zudem führe eine dezentrale verbrauchsnahe Energieversorgung zu einer Netzentlastung und reduziere Systemkosten.
Die Stellungnahme des Bundesrates zu dem Konzept des Energy Sharings enthält wichtige Impulse. Während nach dem bisherigen Gesetzesentwurf nicht zu erwarten ist, dass dieses Konzept in der breiten Masse angenommen wird, könnte durch die vom Bundesrat gemachten Verbesserungen die gesellschaftlich gewünschte dezentrale Energieversorgung aus erneuerbaren Energien gefördert werden.
Dr. Malaika Ahlers
Dr. Florian Böhm